Wie kommt die Unterdrückung in unsere Arbeitsgruppe?
Der Auslöser für dieses Projekt und unsere Beschäftigung mit dominantem Verhalten, waren zwei Szenen in unserer Ortsgruppe. In der ersten saßen wir mit einigen FLINTA* zusammen und malten ein Banner. Das Gespräch kam auf eine Vernetzungsgruppe, in der sich Aktivisti aus verschiedenen Klimabewegungen treffen um lokale Aktionen vorzubereiten.
“Da wollte ich eigentlich mitarbeiten” erzählte eine*, “aber dort waren zwei unheimlich dominante Männer. Da hatte ich echt keine Lust drauf”.
“Verstehe ich”, sagte eine zweite. “ich war auch zweimal dort, aber dann hat es mir gereicht.”
Und eine dritte rief: “Mir ging’s genau so!”
Warum Menschen still und leise aus Arbeitsgruppen verschwinden:
Später stellte sich raus, dass noch andere diese Vernetzungsgruppe aus dem gleichen Grund verlassen hatten. Wir hatten uns alle still und leise daraus zurückgezogen.
Keine von uns hatte die beiden Cis-Männer auf ihr dominantes Verhalten angesprochen.
Als wir im Nachhinein über diese Ereignisse redeten, fragten wir uns, warum wir uns nicht gewehrt haben. “Wie kann es sein, dass wir uns ohne Kampf aus der Gruppe zurückziehen und die Entscheidungen über die Aktionen in unserer Stadt den Cis-Männern überlassen?”
Dazu gleich mehr, lasst uns erst noch das zweite Ereignis anschauen.
Männlich Moderieren
Das zweite Ereignis war ein Plenum unserer Ortsgruppe. Bei diesem Treffen waren sehr viele Neue anwesend, vor allem viele FLINTA*. Zwei Cis-Männer sollten an dem Tag moderieren. Doch schon nach ein paar Sätzen, sie hatten sich gerade erst vorgestellt und ihre Vorstellung vom Meeting erzählt, da ging eine Welle der Empörung durch den Raum: Einige FLINTA* stöhnten auf. Eine sprang spontan auf und setzte sich von dem Platz neben einem der moderierenden Männer weg auf die andere Seite des Stuhlkreises neben eine andere FLINTA*.
Eine der Neuen rief: “Ich lass mich doch hier nicht von weißen Männern dominieren” und: “Das hätte ich hier nicht erwartet.”
Die beiden Moderatoren und die anderen anwesenden Männer schüttelten nur verwirrt die Köpfe. Sie verstanden überhaupt nicht, was an ihrem Verhalten dominant gewesen sein sollte .
Die FLINTA* dagegen waren, ohne sich miteinander zu verständigen , gleichzeitig zum selben Schluss gekommen: Hier passiert Dominanz. Und zwar nicht so ein bisschen, sondern so viel, dass eine sich sogar weggesetzt hat und die andere die Ortsgruppe gleich wieder verlassen wollte.
Gespür für dominantes Verhalten:
Uns zeigte dieses Ereignis (und viele andere, die wir seitdem beobachtet haben), dass Menschen aus den unterdrückten Gruppen oft ein sehr gutes Gespür für Dominanz haben. Verhaltensweisen, die sie als dominant erfahren, werden auch in wissenschaftlichen Studien und der feministischen und antirassistischen Literatur als dominant erkannt. Ihre Wahrnehmung stimmt also!
Dass sie diese Gespür entwickeln ist natürlich auch kein Wunder. Sie werden schließlich fortwährend mit Diskriminierung und Dominanz konfrontiert.
Es ist schwierig dominantes Verhalten anzusprechen:
Aber dieses Erlebnis hat uns auch wieder deutlich gemacht, dass es für die Betroffenen oft schwierig ist, dominantes Verhalten anzusprechen. Die anwesenden FLINTA* haben in der Situation nicht darauf bestanden, dass die Gruppe über das dominante Verhalten redete. Stattdessen haben sie zugelassen, dass die beiden Männer einfach weiter moderierten. Auch nachher wurde es nicht mehr angesprochen. Warum?
Wir haben vier Ursachen dafür gefunden:
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“Uns fehlen die Worte”
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Am Ende der Ausstellung erzählen wir, welche Art dominantes Verhalten die FLINTA* Personen im Plenum gespürt haben.